Die Tücken der Messtechnik
Immer wieder kommen im Geoclub Diskussionen über die Genauigkeit von eingemessenen Koordinaten hoch. Dabei ziehe ich – wie bei jeder anderen Messtechnik auch – den Begriff Ungenauigkeit vor. Dies beschreibt letztlich wesentlich besser worüber geredet wird: Die durch Unzulänglichkeiten welcher Art auch immer bedingten Abweichungen eines Messwertes vom Istwert. Im Bezug auf GPS findet der geneigte Leser auch Infos bei Kowoma.
Letztlich ist es doch das gleiche Problem mit jeder Art von Messtechnik. Der blinde und unkritische Glaube an die Technik. „Wenn das Ding das sagt, dann ist das so.“ Es fängt doch schon bei der Uhrzeit an. Wenn ich nicht gerade einen Bus pünktlich erreichen will, interessiert es mich nicht die Bohne ob es 7:48 oder 7:51 ist – jedes Mal ist es dann für mich auf meiner Analoguhr zehn vor acht. Vor allem wird bei ersteres Aussage wiedermal unkritisch davon ausgegangen: „Wenn das Ding das sagt, dann ist das so.“ Dabei reicht es schon einfach den nächsten Passsanten zu fragen, der eine um ein, zwei Minuten abweichende Zeit nennt und schon muss der unkritische Otto Normalverbraucher eine Glaubenskrise bekommen.
Nächstes Beispiel sind die tollen digitalen Wetterstationen, die in jedem zweiten Wohnzimmer stehen und die Temperatur auf 1/10 °C „genau“ anzeigen. Versteckt im Kleingedruckten Teil der techn. Daten steht dann was von +-1°C und einem Digit „Genauigkeit“. Ich frage mich bloß, warum ich beruflich für reine Thermoelemente (die Auswertehardware und ggf. Software kommt dann noch dazu) noch nie weniger als 30 € ausgegeben habe – pro Stück, das Ding vom Fünfeuro-Billigthermometer müsste es doch genauso gut tun.
Lange Rede kurzer Sinn: Solange der Nutzer einer Messtechnologie nicht ein wenig Bereitschaft zeigt sich mit deren Eigenarten und daraus resultierenden Ungenauigkeiten auseinander zusetzen wird immer Murks herauskommen. Wer weiß denn schon, dass die Ungenauigkeitsanzeige der GPSr letzlich auf einer statistischen Auswertung beruht? Da gibt es dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit so eine Antwort wie: „In Mathe war ich noch nie gut.“ Aber auch das Wissen über die Bedeutung der Fachbegriffe Genauigkeit, Präzision, Fehlerrechnung, Ausgleichsrechnung usw. könnte zu einem besseren Verständnis beitragen. Das Ergebnis dieser Ignoranz gegenüber der eigentlichen Technologie schlägt sich aber auch dann in Logs und Kommentaren wieder wie: „Die Koordinaten waren 10 m off.“ oder „Die Koordinaten stimmen, ich habe das schließlich mit einem Sirf-III-Chipsatz gemessen!“
Wer nicht einmal im Ansatz das Interesse daran zeigt sich mit dem eigentlichen Thema auseinander zusetzen sollte doch besser zu dem Thema schweigen.
Der Beitrag beruht auf eine Posting von mir am 15.7.2008 im Geoclub.