Torffreie Substrate [Update 18.1.12]

Torffreie Substrate [Update 18.1.12]

Nur versteckt in einem Kommentar habe ich mich hier im Blog schon mal zum Thema Torf ausgelassen – aber bisher  nicht nicht verbloggt. Deutlich später dann in einem Kommentar zu einem Artikel im Blog „Neulich im Garten“. Nun endlich mal deutlich ausführlicher. Viel Spaß beim Lesen

Substrate auf Torfbasis kommt mir nicht ins Haus oder in den Garten! Torf gehört in die Moore. Die Entnahme daraus ist massenhafte Zerstörung einzigartiger Landschaften mit der dort enthalten Flora und Fauna. Durch die Trockenlegung kommt das Material mit Luft in Kontakt und der bis dato gebundene Kohlenstoff wird durch weitere Verrottung in Form von klimaschädlichen Gasen freigesetzt. Riesige Kohlenstoffsenken werden zunichte gemacht. In sämtlichen Mooren ist doppelt soviel Kohlenstoff gebunden wie in sämtlichen Wäldern der Erde. Moorschutz ist letztlich auch Klimaschutz.

Fertige, torffreie Bio-Substrate sind leider exorbitant teuer. Und aufpassen: nur weil bei Blumenerde „Bio“ drauf steht, heißt das noch lange nicht, daß sie torffrei ist sondern mit ganz viel Phantasie torfreduziert (statt der üblichen 80% dann „nur“ 60%). Der Begriff „Bio“ ist bezüglich Erden kein gesetzlich geschützter Begriff. Den darf drauf schreiben welche Marketingabteilung will.

Gerne gibt es das Argument, das Torf doch ein nachwachsender Rohstoff ist – Erdöl übrigens auch – es dauert nur mehrere Tausend bis Millionen Jahre! Torf regeneriert sich pro Jahr mit ca. 1 mm. Torf ist meiner absoluten Überzeugung nach ersetzbar – nur eben nicht ganz zum gleichen Preis – mal davon abgesehen, daß die Kosten der Naturzerstörung beim Torfabbau gar nicht in den Produktpreis einfließen – sie werden einfach negiert.

Es sieht vielleicht wie eine gute Erfindung aus um Torf als Brennstoff zu verwenden und so Holz auszusparen; aber ein Wald kann einige Male in einem Jahrhundert aufwachsen, wogegen ein Moor in einigen Jahrhunderten nicht mit Torf gefüllt ist”. Carl von Linné (1707-1778): „Skånskaresa“ 1749

Aber welche preisgünstige leicht verfügbare Alternative gibt es? Substrate bestehen in den seltensten Fällen aus einem Ausgangsstoff sondern sind mehr oder wenige komplexe Zusammenstellungen verschiedener Komponenten. Die Standard-Billig-Blumenerde ist in aller Regel nichts anderes als Torf mit ein wenig mineralischem Dünger. Kein Hexenwerk sondern so simpel gemacht, daß man das selber sogar noch viel besser machen kann. Meine Ausgangsstoffe:

Kokosfasern sind ein einfacher und preiswerter Ersatzstoff als Grundlage anstatt Torf. Bekanntlich wachsen in Mitteleuropa keine Kokospalmen allenfalls in einigen botanischen Gärten und das Zeug muss aus „Übersee“ lange Transportwege zu uns zurücklegen – und das soll besser sein? Ja, ist es! Kokosfasern kommen komprimiert und wasserfrei für Europa z.B. aus Indien auf dem Seeweg und wird dann erst vom Verwender für den Gebrauch aufgequollen. Kokossubstrat ist – im Gegensatz zu Torf – ein echtes Abfallprodukt. Torf kommt per LKW weit aus Osteuropa hierher, hat im Transporztustand ein wesentlich größeres Volumen und wiegt mehr. Und die Ökobilanz vieler LKW aus Osteuropa ist wesentlich schlechter als eines großen Containerschiffs aus Indien. Der CO2-Bedarf für Transport, Herstellung etc. ist für Torf etwa siebenmal so hoch wie für Kokosfasersubstrat. Nimmt man den umfassenderen Umweltbelastungsindex, ist dieser für Torf immer noch doppelt so hoch wie für Kokosfasern. [2] Hersteller für diese Briketts sind beispielsweise Windhager, Neudorf & Romberg. Ich habe meine im Versand von Humusziegel bezogen. Der BUND sieht zwar die Verwendung von Kokosfasern als Ersatzstoff kritisch – wegen der langen Transportwege – aber wie zuvor dargestellt ist das immer noch ein wesentlich geringeres Übel und eben gut verfügbar! Eine Alternative könnten Holzfasern und Rindenhumus sein – aber die Verfügbarkeit für den Endverbraucher ist nach meiner Erfahrung eher schlecht.

Gartenkompost, auch gerne als „Gold des Gartens“ bezeichnet. Sämtliche Pflanzenbestandteile aus dem Garten, die nicht abgeerntet werden oder von kranken Pflanzen sind, kann man selber ganz hervorragend kompostieren. Dazu gibt es eine große Vielzahl an Möglichkeiten (einfache Rotte, Thermokomposter, Wurmkomposter). Aber wenn man keinen Kompost hat, lohnt sich auch ein Abstecher zum kommunalen Kompostwerk. Dort gibt es preiswert hochwertigen Kompost, der von kommunalen Gartenabfällen und dem Inhalt der braunen Tonnen gewonnen wird. Unter kontrollierten Bedingungen läuft hier eine Verrottung bei hohen Temperaturen (Heißrotte) ab. Keime von kranken Pflanzenresten haben dabei keine Chance! Beispielsweise bei uns von der Firma gabco Kompostierung. Als abgepackte Ware gibt es einen 40-Liter Sack für 2,50 € oder als lose Ware. Bei meinem letzten Besuch habe ich für zwei volle 90-Liter-Maurerwannen gerade einmal 3 € gezahlt. Bei größeren Mengen wird auch preisgünstig angeliefert.

Nun läuft unser Komposter sei einigen Monaten auf Hochtouren und wir hoffen dann im nächsten Frühjahr den ersten eigenen Kompost ernten zu können. Da drin landen fast vollständig unsere Küchen- und Gartenabfälle, regelmäßig etwas Wasser mit Brennnesseljauche um die Verrottung zu unterstützen oder sogar ganze Brennesseln (vor der Blüte & zerkleinert). Nicht da drin landen kranke Pflanzen – dafür gibt’s dann die braune Tonne oder mehrmals im Jahr eine kostenlose Grünabfuhr. Wenige Wochen, nachdem der Komposter bis zum Rand gefüllt war, ist der Inhalt massiv auf etwa ein Viertel zusammen gesackt. Jetzt zum Herbst reicht die Kapazität nicht mehr ganz aus, sodaß ein weiterer 470-Liter-Thermokomposter demnächst dazukommen wird. Der erste Komposter hat gute Chancen demnächst noch mit Kompostwürmern zusätzlich bestückt zu werden und dann hochwertigen Wurmkompost zu liefern.

Gartenerde, unser Kleingarten enthält hochwertigen Lössboden eineinhalb Spatenstich tief. Ein schwerer hochwertiger Boden, der leider leicht verdichtet.

Perlite, man kann es teuer als Bodenhilfsstoff einkaufen oder man kauft unbehandeltes Perlite im Baumarkt in der Dämmstoffabteilung z.B. von Knauf „…oder im Gartenbau als Substratzusatzstoff Verwendung finden.“ Ggf. noch in einem Sieb waschen um dem Staub aus dem Produkt auszuwaschen. Der 100-Liter-Sack kostet ca. 11 €.

Dünger, mineralischer Dünger ist  bei mir tabu! Dies ist zwar in der Handhabung bequem und einfach aber ich will kein geschmacksbefreites  Hochleistungsgemüse/Pflanzen sondern leckeres Gemüse! Der Kompost bzw. die Gartenerde reicht hier für den Start immer aus. Kokosfasern sind, genauso wie Torf auch, frei von Nährstoffen. Handelsüblicher organischer Dünger wird dann ggf. im Lauf der Zeit dazu gegeben.

Andere Stoffe wie z.B. Xylit, Holzfasern, Rindenhumus (siehe auch hier) können ggf. auch verwendet werden. Aber meine Ausgangsstoffe sind das Ergebnis einer Recherche zur leichten Verfügbarkeit für mich als Endverbraucher und zahle in der fertigen Mischung weniger als 10 ct/Liter.

Verwendung

Als Kleingärtner sollte man ruhig ganz ernsthaft hinterfragen was man tatsächlich wofür benötigt. Ich benötige Pflanzsubstrat im Garten gar nicht!

Die Eigenschaften, die Torf für den Einsatz in Blumenerden und Substraten auszeichnen, sind für eine Verbesserung von Freilandböden in der Regel eher abträglich. [1, S. 16]

Kompost wird zur Bodenvorbereitung oberflächlich eingearbeitet. Kompost kann man im Garten nie genug haben. Kompost wird  – je nach Verfügbarkeit vor Neupflanzungen mit Hornspänen und Urgesteinsmehl ins Pflanzloch  gegeben. Die wirklich einfachste Methode zur langfristigen Bodenverbesserung ist Mulchen. Dafür habe ich mir kürzlich zwei Strohballen (je 2 € beim Biobauern) besorgt. Dazu gibt es auf dem Gärtnerblog eine schöne Artikelserie. „Gräbst du noch oder mulchst du schon„, etwas aktueller auch noch mal beim Wilden Gartenblog: „Mulchen, mulchen, mulchen“ Letztlich kann man so mit wenig Aufwand jeden Boden noch verbessern. Falls eine Fläche mal gerade nicht neu bepflanzt wird kommt sofort eine Gründüngung, wie beispielsweise Phacelia (Bienenfreund), Winterroggen oder Senf darauf und wird dann später einfach unter gegraben. Die Wurzeln, insbesondere von Winterroggen lockern den Boden und führen ihm dazu noch Stickstoff zu.

Aber wofür brauche ich denn nun überhaupt Substrate?

Die kleinsten Mengen für die Pflanzenanzucht, eine größere Menge für die Kübelpflanzen wie Chilis und Balkontomaten. Alle Jungpflanzen brauchen zum Start ein eher nährstoffarmes lockeres Substrat. Pflanzen in der Anzucht erhalten immer schon mind. 1/3 Anteil Gartenerde und können sich so schon direkt an die Bodenbedingungen des Gartens gewöhnen. Der „Umzugsschock“ lässt sich dann ein wenig reduzieren. Zur Auflockerung kommen auf zehn Liter ca. ein bis zwei Liter Perlite dazu, ca. 1/3 Kokosfasern und der Rest Gartenkompost. Ich habe für die Anzucht auch schon eine reine Mischung aus Kokosfasern und Gartenerde genommen und bin damit sehr gut gefahren. Die Kübelpflanzen erhalten dann mit dem Umpflanzen einen größeren Anteil Kompost und eine Handvoll organischen Dünger (z.B. Animalin von Oscorna) mit zum Start. Den Chilis habe ich auch noch Neemschrot mit unter gemischt – ein hervorragendes Mittel um Schädlingsbefall u.a. durch Blattläuse vorzubeugen. Mit meinen Mengenverhältnissen habe ich mich ursprünglich mal an „John Innes Potting Compost No. 1“ orientiert:

  • 7 Teile Löss
  • 2 Teile Sand
  • 3 Teile Torf
  • je Kubikmeter Mischung als Nährstoffe
    • 0,6 kg Gemahlenen Kalkstein
    • 1,2 kg Hornmehl
    • 1,2 kg Superphosphat
    • 0,6 kg Kaliumsulphat

Den Torf habe ich durch Kokosfasern ersetzt, aber teilweise durch Kompost ersetzt. Für perfekte lockere Lösserde sammle ich einfach die Maulwurfhügel in den Gemüsebeeten auf und bin froh keine Wühlmäuse zu haben.

Update (18.1.2012):

In der Ausgabe 02/2012 beschäftigt sich die Gartenzeitschrift „Kraut und Rüben“ mit der Thematik und hat auf ihrer Homepage Rezepte für verschiedene torffreie Substrate online gestellt, wie beispielsweise für Zimmerpflanzen, Aussaaterde aber auch für Spezialerden wie beispielsweise Orchideen und Kakteen.

Zum Herbst, wenn die Chilis abgeerntet sind kommen die Pflanzen auf den Kompost und das alte Substrat wird wieder im Garten verteilt und trägt dort langfristig zur Bodenverbesserung bei. Nur ganz ganz wenig des selbst angemischten Substrates findet seinen Weg nicht zurück in den Garten – wenn ich z.B. eine Chili verschenke oder einer Zimmerpflanze einen größeren Topf spendiere.

Klar gibt es auch fertige torffeie Substrate, aber die sind mir einfach mit Abstand viel zu teuer! Nach meiner Erfahrung finden sie sich auch leider nicht in allen Gartencentern/Baumärkten. Man kann von Glück sagen, wenn sich zwischen einer zweistelligen Zahl verschiedener Blumenerden eine Sorte torffreies Substrat versteckt. Am häufigsten ist hier noch Neudohum von Neudorff vertreten. Der BUND hat einen Einkaufsführer Torffeie Erde (Link-Update am 12.5.15) herausgegeben.

und was ist mit Moorpflanzen?

Das sagt doch schon der Name: Die gehören ins Moor! Warum auch in Gebieten, die nicht dafür geeignet sind, massenweise Pflanzen wie Rhododendren und andere Moorpflanzen gepflanzt werden müssen erschließt sich mir  nicht – aber das ist ein anderes Thema. Aber selbst da gibt es eine moorverträgliche Lösung, z.B. angepasste Rhododendron-Erde von Neudorff auf Basis von Kokosfasern, Holzfasern und Rindenhumus.

Auf kalktolerante Unterlagen veredelte Rhododenderen wachsen auch in normalen Gartenböden [2, S. 21].

Mein Fazit

Gerne werde ich auch nächstes Jahr mal probieren auf Kokosfasern zu verzichten – hm, dann ein höherer Anteil Kompost? Mal gucken was sich da so machen lässt. Als hervorragende Anzuchterde beschreibt mein Lieblinggärtner Monty Don in Genial Gärtnern einfachen Blätterhumus – im Herbst Blätter einsammeln, mit einem Rasenmäher zerkleinern und diese kompostieren – auch ein Torf/Kokoksfaserersatz. Ich werde auch einen neuen Versuch zur Verfügbarkeit von Xylit und Holzfasern starten. Wobei ich Xylit massiv skeptisch gegenüberstehe, schließlich ist auch dies kein nachwachsender Rohstoff sondern Braunkohle die unvollständig verkohlt ist und als Abfall beim Braunkohletagebau anfällt – genauso wie Torfabbau auch eine massenhafte Zerstörung von Land!

„Die Steinzeit hat nicht geendet wegen Mangel an Stein. Und so wird es auch sein mit Torf“
Reidar Petterson – IPS-President, 1992 -1996

Ich würde eine generelles Verbot zur Verwendung von Torf ausdrücklich begrüßen. Dann ist der Preisdruck auf alle Anbieter gleich stark und es hört endlich dieser Teil massenhafter Naturzerstörung zu Gunsten einer Geiz-ist-Geil-Mentalität des ach so mündigen Verbrauchers auf. Als Torf nur regional von Mooranwohnern genutzt wurde, war er sicher fraglos ein regeneratives Produkt, aber sobald der Abbau die Regenerationsrate übersteigt ist es das nicht mehr. Da ich kürzlich speziell mit Finnland beschäftigt habe, dort werden 7% der Primärenergie des Landes aus Torf  gewonnen. Der Abbau beträgt ca. das 500fache der natürlichen Regenerationsrate. In Deutschland existieren schon kaum noch Moore, weil sie bereits massenhaft zerstört wurden.


zum Weiterlesen:

[1] Dr. Michael Henze, Torfverwendung im Garten-, Landschafts-und Sportplatzbau; Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V.

[2] Thomas Kägi & David Wettstein, herausgegeben von Stiftung myclimate: Ökobilanz von Balkonerde, Im Auftrag der RICOTER Erdaufbereitung AG, www.ricoter.ch, (2008) Zürich

5 Gedanken zu „Torffreie Substrate [Update 18.1.12]

  1. Erstens mit der Qualität der Erde, wobei ich meine Säcke für den Balkon nicht einmal im Gartencenter oder Baumarkt gekauft habe, sondern in einer Gärtnerei!
    Aber auch diese war einfach viel zu torfhaltig. Viele meiner Balkonpflanzen sieht man es auch inzwischen an und ich bin gerade dabei alles komplett auszutauschen.
    Wie du benutze ich nur noch torffreie Erden, wobei es mir nicht einmal in erster Linie um den Umweltschutzgedanken geht, obwohl auch dieser völlig berechtigt ist.
    Bei mir spielt dabei noch eine wesentliche Rolle, daß ich nicht so der Typ für ständig wechselde Blümchenbepflanzung bin, die ja meist eh nur eine Saison bleiben. Die kommen auch gut mit der „Torfpampe“ zurecht. Ich aber hab auf dem Balkon eine Dauerbepflanzung. Nadelgehölze, Yucca, Buchs, Ginkgo, mehrjährige Bodendecker und ähnliches.
    Besonders ein Japanischer Ahorn hat mir das permanent nasse Torfsubstrat letztes Jahr ziemlich übel genommen.
    Zum Glück habe ich bei mir in München zwischenzeitlich eine sehr gute Gärtnerei für torffreie Erden aufgetan. Die haben eine schöne Auswahl mit unterschiedlichen Mischungen mit mineralischen Bestandteilen.
    In einer Stunde fahr ich da auch schon wieder hin … deswegen hat mich das Thema hier geradezu angesprungen!

  2. Diese als Bio deklarierte Blumenerde, die trotzdem richtig viel Torf enthält, ärgert mich ganz besonders. Sowas geht gar nicht.
    Das mit dem Xylit halte ich auch für fragwürdig, aber falls es wirklich Abfall ist, geht es.
    VG
    Elke

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